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Hier finden Sie immer wieder neue Texte und Anregungen von mir, rund um die Themen Liebe und Partnerschaft.

Verbundenheit und emotionale Resonanz  

Vielleicht denken Sie, dass Sie in Ihrer Liebesbeziehung emotional unabhängig sein sollten. Schließlich sind Sie kein Kind mehr, das von der Zuwendung seiner Eltern abhängig ist. Gleichzeitig wünschen Sie sich von Ihrem Partner/Ihrer Partnerin Verständnis und Wertschätzung. Sie möchten sich bei ihm/ihr emotional sicher und geborgen fühlen. Ein Widerspruch? 

Zunehmend setzt sich in der Psychologie die Erkenntnis durch, dass die Bindungstheorie, welche im Hinblick auf die Beziehung zwischen Eltern und Kind längst anerkannt ist, auch in Paarbeziehungen Relevanz hat. Dabei handelt es sich natürlich nicht um eine existenzielle Abhängigkeit wie in der Eltern-Kind-Beziehung, sondern um eine wechselseitige Abhängigkeit zwischen zwei erwachsenen, freien Individuen („Interdependenz“), bei der bestenfalls jede*r Partner*in Verantwortung für sich übernimmt (was auch die eigenen Wünsche und Bedürfnisse beinhaltet) und sich die beiden Partner*innen emotional miteinander verbunden fühlen. 

Häufig nennen Paare Kommunikationsprobleme / eskalierende Streits als Grund für den Beginn einer Paartherapie. Diese äußern sich zum Beispiel dadurch, dass sich ein*e Partner*in zurückzieht oder die Kommunikation abblockt und der/die andere eine fordernde, kritisierende Rolle einnimmt. Diese Dynamiken laufen im Alltag meist unbewusst ab. Die Paare wenden sich an mich, weil sie sich Techniken zur Verbesserung der Kommunikation wünschen. Solche Strategien können hilfreich sein, wirken jedoch nur, wenn das eigentliche, tiefer liegende Problem berücksichtigt wird: der Verlust von emotionaler Verbundenheit und Resonanz. 
Viele Paare in meiner Praxis „spürten“ einander, bevor sie die Paartherapie begonnen haben, kaum oder nicht mehr. Jede*r führte einen verbissenen, einsamen Kampf, mit Rückzug / Distanzierung oder mit Vorwürfen / Kritik. Ganz gleich, wer welche Rolle einnimmt – die Partner*innen fühlen sich innerlich meilenweit voneinander entfernt, obwohl sie ihr Leben und häufig Haus/Wohnung und Familie miteinander teilen. 
Die Themen, um die gestritten, gekämpft oder auch geschwiegen wird, sind inhaltlich austauschbar, solange jede*r an seiner Rolle festhält, die die Funktion einer „Sicherheitsrüstung“ hat. Beide Partner*innen versuchen dadurch, ihren emotionalen Schmerz, ihre Verzweiflung, ihre Einsamkeit oder andere Gefühle voreinander zu verbergen. Denn sie befürchten, dass sie weitere emotionale Verletzungen riskieren, wenn sie sich dem anderen wirklich mitteilen und zeigen würden. 

In der Paartherapie unterstütze ich die Paare im ersten Schritt dabei, ihre - oft unbewussten - Rollen und "Rüstungen" zu identifizieren und zu erkennen, wie sich diese in einem Teufelskreis gegenseitig verstärken, was zu einer zunehmenden emotionalen Distanzierung führt. Aus der gemeinsamen Erkenntnis heraus („nicht der/die Partner*in ist mein*e Feind*in, sondern das destruktive Muster) können sich die Paare allmählich wieder näherkommen. Dabei unterstütze ich, indem ich mich in die innere Welt des Einzelnen hineinversetze und als eine Art „Übersetzerin“ helfe, Gefühle und tieferliegende Bedürfnisse auszusprechen und sich gegenseitig wirklich zuzuhören. Dadurch kann sich eine neue Art der konstruktiven, zugewandten Kommunikation, die eine positive Verbundenheit schafft, entwickeln. 

Warum "in-tune"-Paarberatung?

„To be in tune“ bedeutet: gut miteinander auskommen, aufeinander eingestellt sein. Wenn Musikinstrumente gestimmt sind, sind sie „in tune“. 
Um bei dem Bild aus der Musik zu bleiben: In einer Paarbeziehung spielen beide Partner*innen jeweils ihr "Instrument". In Konflikt- und Krisenzeiten klingen die Töne und Melodien im Zusammenspiel disharmonisch, chaotisch und wie Lärm. Oder es gibt kaum mehr ein Zusammenspiel, und jeder spielt seine Musik vor sich hin – eine Musik, die vom anderen weder gehört noch verstanden wird.
In der Paarberatung / -therapie können sich die beiden "Instrumente" wieder neu aufeinander einstimmen und ihre gemeinsame "Melodie" (Beziehung) auf eine für beide stimmigere Weise "spielen" (leben). Dies beinhaltet auch die Möglichkeit, Unterschiede als Bereicherung zu erfahren und einen konstruktiven Umgang mit Disharmonien zu finden.
In manchen Lebensphasen ist es besonders wichtig, zunächst (wieder) mit sich selbst "in tune" zu kommen, zum Beispiel nach einer Trennung oder Lebenskrise. 

"Du hörst mir nie wirklich zu"

Haben Sie diesen Satz auch schon mal Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin vorgehalten. Oder: "Du redest ohne Punkt und Komma und lässt mich überhaupt nicht zu Wort kommen." 
Im Alltag schleichen sich bei Paaren oft Kommunikationsmuster ein, die für beide Partner*innen unbefriedigend und frustrierend sein können. Beide fühlen sich nicht gehört und nicht wertgeschätzt. 
Häufig liegt das Problem darin, dass die Kommunikation zu schnell ist und zu wenig Zeit und Raum lässt, um sich gegenseitig wirklich zuzuhören. Zudem gibt es bei Paaren oft die Dynamik, dass eine*r von beiden mehr redet und der/die andere sich eher zurückzieht. Und wenn es um "heikle" Themen geht, fällt es generell schwer, dem anderen zuzuhören und nicht gleich einzuhaken und die eigene Meinung kundzutun. Insbesondere in Beziehungen, in denen sich Missverständnisse und emotionale Verletzungen angestaut haben, fällt beides schwer: sich ehrlich mitzuteilen und sich wirklich zuzuhören, obwohl beides Voraussetzungen für echte Nähe und Begegnung sind. 

Hierbei kann eine Struktur sehr hilfreich sein. Ich empfehle Paaren die "Zwiegespräche" , die von Michael Lukas Moeller und seiner Frau Celia Fatia entwickelt wurden. 
Zu Beginn genügen pro Partner jeweils 15 Minuten. Mit der Zeit kann die Rededauer auf je 30 min. verlängert werden. Sie können auch zwei separate Termine für jede*n einzelne*n vereinbaren. Wichtig ist, dass die Redezeit für beide gleich lang ist. Während des Zwiegesprächs soll es keine Ablenkungen durch Smartphone, Radio oder durch die Kinder geben. Die Zwiegespräche können an einem ungestörten Ort in der Wohnung oder bei einem Spaziergang stattfinden. 
Jede*r Partner*in kann mitteilen, was ihn/sie aktuell beschäftigt und wie er/sie sich momentan in der Beziehung fühlt. Das müssen keine ausgefeilten Sätze sein - viel wichtiger ist es, von sich zu sprechen. 
Für die Person, die zuhört, gilt: Keine Kommentare, keine Unterbrechungen und keine Korrekturen! 
Das ist manchmal gar nicht so einfach. Dabei hilft es, sich daran zu erinnern, dass Zuhören nicht gleich Zustimmen ist. 
Nach dem ersten Durchgang ist eine kurze Pause sinnvoll. Es lässt sich dennoch nicht ganz vermeiden, dass sich der/die Zweite mal auf den ersten Beitrag bezieht. Daher ist es am besten, bei den folgenden Zwiegesprächen immer wieder die Reihenfolge zu tauschen. 
Finden Sie nach dem Zwiegespräch einen für beide stimmigen Abschluss (zum Beispiel eine Umarmung), und diskutieren Sie hinterher nicht über das Gesagte. 
Ein Zwiegespräch kann auch zu einem vorher festgelegten Thema oder einer Frage stattfinden.

Im Zwiegespräch können sich die Partner*innen auf eine neue Weise kennenlernen und haben die Möglichkeit, sich gegenseitig besser zu verstehen und sich einzufühlen. Dies trägt zu einer Weiterentwicklung der Beziehung und zur Vertiefung der Verbindung bei. Ein wertvoller Effekt liegt auch darin, dass sich die Dynamik "Du hörst mir nie zu" versus "Du redest ohne Punkt und Komma" allmählich entspannt. Der "Vielredner" fühlt sich endlich gehört und muss nicht immer um Aufmerksamkeit kämpfen. Die "Schweigende" bekommt Raum, um Worte zu finden und das auszudrücken, was sie sonst mit sich selbst ausmacht. (Die männlichen oder weiblichen Formen sind hier austauschbar.) Im Laufe der Zeit verbessert sich die Kommunikation des Paares, auch in anderen Situationen. 
Ein wichtiger Erfolgsfaktor des Zwiegesprächs liegt in der Kontinuität. Anfangs ist mindestens ein Termin pro Woche empfehlenswert - eine sinnvolle Alternative zu fruchtlosen Debatten und Streits. 
Wichtig ist es, "am Ball zu bleiben", auch wenn Widerstände auftauchen. 

Zwiegespräche haben schon manche Beziehung "gerettet". Diese Methode ist für den Konfliktfall, für Paare in schwierigen Lebenssituationen und auch zur Prävention geeignet. Ich empfehle sie genauso für langjährige Paare, die mehr Lebendigkeit in ihre Beziehung bringen wollen, wie für Paare, die erst frisch zusammen sind und gerne mehr voneinander erfahren möchten. 
Probieren Sie es gemeinsam aus!

Trennungsgedanken / Trennungsambivalenz

Vorneweg: Es geht in diesem Artikel nicht darum, eine konkret anstehende Trennung, die sich aus einer längeren Entwicklung oder einschneidenden Ereignissen herauskristallisiert hat, in Frage zu stellen. Doch vielleicht kennen Sie das: Nach einigen oder vielen Jahren des Zusammenlebens stellen sich solche oder ähnliche Fragen: "Soll das jetzt immer so weitergehen? Muss ich wirklich auf so vieles verzichten, was ich mir eigentlich in einer Beziehung wünsche? Wird sich mein*e Partner*in jemals ändern?"....   
Trennungsgedanken, die in diesem Zusammenhang auftauchen, erscheinen vielleicht wie ein Verrat am Partner/an der Partnerin und an der Beziehung. Doch es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen ständigen Fluchtimpulsen (z.B. aus Angst, sich auf eine Beziehung einzulassen) oder Drohen mit Trennung (als Druckmittel) und zwischen der Möglichkeit, Trennungsgedanken für eine innere Zwischenbilanz zu nutzen. Denn Trennungsgedanken sind nicht automatisch mit einer konkreten Trennungsabsicht gleichzusetzen. Sie bedeuten auch nicht, dass Sie sich sofort für oder gegen die Beziehung entscheiden müssen. Vielleicht ermöglichen sie Ihnen sogar einige interessante Entdeckungen. 
Dafür können Sie folgende Fragen in Ruhe und für sich alleine beantworten, am besten schriftlich.

  • Was erscheint mir in meiner Partnerschaft so schwierig oder fast unerträglich, dass ich öfters an Trennung denke?
  • Wofür steht "Trennung"? Wovon möchte ich mich trennen (Muster,  Erfahrungen, Gewohnheiten, Rollen, Erwartungen, Ansichten, Verletzungen, "Altlasten" ...)   
  • Was wären die Verbesserungen, die ich mir von einer Trennung erhoffe? Was müsste ich nicht mehr tun, wenn ich mich trenne? Was könnte ich endlich tun, wenn ich getrennt bin? Welche Vorstellungen habe ich von meinem Leben "danach"? (So konkret wie möglich ausmalen ...)
  • Was würde ich durch eine Trennung verlieren (emotional, materiell etc..)? Was befürchte ich, wenn ich an Trennung denke? 
  • Welche Seiten / Fähigkeiten von mir müsste / könnte ich weiterentwickeln, wenn ich getrennt wäre? Was hindert mich daran, dies bereits jetzt zu tun? 
  • Welche Wünsche, Sehnsüchte, Interessen ... liegen bei mir derzeit brach und möchten wieder "wachgeküsst" werden?

  

Beantworten Sie die Fragen so spontan wie möglich. Die Antworten sind nur für Sie selbst bestimmt, und Sie müssen sie Ihrem Partner / Ihrer Partnerin nicht zeigen.  
Erinnern Sie sich immer wieder daran, dass es meistens nicht darum geht, sofort eine Entscheidung zu treffen, für die Sie womöglich noch gar nicht wirklich bereit sind. 
Genauso wichtig ist es, sich keine Selbstvorwürfe zu machen, weil Sie "immer noch" mit ihm/ihr zusammen sind - oder dafür, dass Sie überhaupt an Trennung zu denken wagen. Richten Sie den Fokus auf sich, auf Ihre Wünsche, Sehnsüchte, Interessen und zu entwickelnden Fähigkeiten. Was könnten Sie bereits jetzt tun, um diesen näher zu kommen?
Und: Wie würden Sie sich in der Beziehung Ihrem Partner/Ihrer Partnerin gegenüber fühlen und verhalten, wenn Sie sich in dieser Richtung bereits weiterentwickelt hätten? 
 

Falls Sie sich Unterstützung wünschen, biete ich Ihnen gerne eine oder mehrere Einzelsitzungen an. 


Ist es sinnvoll, mit Ihrem Partner / Ihrer Partnerin über Ihre Auseinandersetzung mit den Trennungsgedanken zu sprechen? Auf jeden Fall sollten Sie das Thema nicht leichtfertig in den Raum werfen oder es als Druckmittel verwenden. Wählen Sie einen geeigneten, ruhigen Moment aus (z.B. im Rahmen eines Zwiegesprächs), und sprechen Sie von sich, von Ihren inneren Entdeckungen und Wünschen.
Vielleicht hatte Ihr Partner / Ihre Partnerin auch bereits Trennungsgedanken. Vielleicht möchte er/sie sich ebenfalls mit den o.g. Fragen beschäftigen. Sie können auch mit meiner Unterstützung in der Paarberatung / Paartherapie genauer hinschauen, was hinter den Trennungsgedanken steckt - ob tatsächlich eine Trennung ansteht oder ob Sie neue Wege miteinander entdecken und sich gemeinsam weiterentwickeln möchten.