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Hier finden Sie immer wieder neue Texte und Anregungen von mir rund um die Themen Partnerschaft, Beziehung, Liebe, Emotionen .....  Ich wünsche Ihnen viel Freude und viele wertvolle Erkenntnisse beim Lesen!

"Du hörst mir nie wirklich zu"

Diesen Satz haben Sie bestimmt auch schon mal Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin vorgehalten. Oder: "Du redest ja ohne Punkt und Komma und lässt mich überhaupt nicht zu Wort kommen."
Im Alltag schleichen sich oft Kommunikationsmuster zwischen Paaren ein, die für beide Partner*innen unbefriedigend oder sogar frustrierend sein können. Beide fühlen sich nicht gehört und dadurch auch nicht wertgeschätzt.
Häufig liegt das Problem einfach darin, dass die Kommunikation zu schnell ist und zu wenig Zeit und Raum lässt, um sich gegenseitig wirklich zuzuhören. Oft gibt es in Paaren auch die Dynamik, dass eine/r von beiden dazu neigt, viel zu reden und der/die andere sich eher zurückzieht. Und wenn es um "heikle" Themen geht, fällt es generell schwer, dem anderen zuzuhören und nicht gleich einzuhaken und die eigene Meinung kundzutun. Insbesondere Paaren in Krisen und in Beziehungen, in denen sich bereits einige Missverständnisse oder Verletzungen ereignet haben, fällt beides schwer: sich wirklich mitzuteilen und wirklich zuzuhören, obwohl beides Voraussetzungen für echte Nähe und Begegnung sind. 


Hierbei kann eine Struktur sehr hilfreich sein. Ich empfehle Paaren gerne die "Zwiegespräche" , die von Michael Lukas Moeller und seiner Frau Celia Fatia entwickelt wurden.
Zu Beginn genügen pro Partner 30 Minuten, also 60 Minuten für beide. Es können auch zwei extra Termine für jeden einzeln vereinbart werden. Wichtig ist, dass die Redezeit für beide gleich lang ist. Jedes Paar regelt im Vorfeld für sich individuell Termin, Ort, genaue Dauer und wer beginnt. Während des Zwiegesprächs soll es keine Ablenkungen geben, d.h. kein Smartphone, Computer, kein Radio und keine Kinder im Hintergrund. Die Zwiegespräche können an einem ungestörten Ort in der Wohnung oder bei einem Spaziergang in der Natur stattfinden.
Während der Redezeit kann der jeweilige Partner mitteilen, was ihn/sie gerade bewegt, wie er/sie sich momentan fühlt oder was er/sie gerne anders hätte. Er oder sie redet dabei von sich (und nicht über den anderen!), über die Beziehung aus seiner/ihrer Sicht, aber gerne auch über andere Themen, die gerade innerlich präsent sind. Ratschläge an den anderen sind tabu. Schweigen ist erlaubt. Es besteht kein Zwang, sich mitzuteilen. Für Zuhörende gilt hauptsächlich diese Regel: Keine Kommentare; der/die Sprechende wird nicht unterbrochen. 


Im Zwiegespräch können sich die Partner auf eine neue Weise kennenlernen und haben die Möglichkeit, sich gegenseitig besser zu verstehen und sich einzufühlen.
Dies trägt zu einer Weiterentwicklung der Beziehung bei. Ein wertvoller Effekt liegt auch darin, dass sich die Dynamik "Du hörst mir nie zu" versus "Du redest ohne Punkt und Komma" allmählich entspannt. Der "Vielredner" fühlt sich endlich gehört und muss nicht mehr dauernd um Aufmerksamkeit kämpfen. Die "Schweigende" bekommt Raum, um ihre Worte zu finden und das auszudrücken, was sie sonst mit sich selbst ausmacht. (Die männlichen oder weiblichen Formen sind hier austauschbar.) Im Laufe der Zeit verbessert sich die Kommunikation des Paares, auch in anderen Situationen. 

Ein wichtiger Erfolgsfaktor der Zwiegespräche liegt in der Kontinuität. Anfangs ist mindestens ein Termin (für beide) pro Woche empfehlenswert, für Paare in der Krise besser sogar zwei. Wichtig ist es, "am Ball zu bleiben". Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Zwiegespräche einschlafen, vor allem wenn bereits ein oder mehrere Termine ausgefallen sind.
Natürlich können auch Widerstände auftauchen. Manchmal bereits im Vorfeld oder während der/die andere spricht. Bisweilen kann es sehr schwierig sein, dem anderen zuzuhören und verbal nichts dagegenzuhalten. Bei stark aufgeladenen Themen ist es tatsächlich sinnvoller, einige Tage verstreichen zu lassen, bis dann der andere Partner dran kommt.
Nach dem Abschluss der Zwiegespräche kann eine Umarmung einen stimmigen Abschluss darstellen - vorausgesetzt, es passt für beide. Wichtig ist für hinterher, dass beide darauf achten, dass kein "Schlagabtausch" stattfindet. Falls diese Gefahr besteht, wäre es besser, wenn sich beide hinterher eine kleine Auszeit nehmen, damit sich das Gesagte "setzen" kann.
Mit der Zeit kann die Dauer der Gespräche auch verlängert werden. Manche Paare wechseln zwischendurch, so dass jede*r zweimal drankommt. Auch hier kann jedes Paar den Rahmen individuell für sich festlegen.

Zwiegespräche haben schon manche Beziehung "gerettet". Diese Methode ist für den Konfliktfall, für Paare in schwierigen Lebenssituationen sowie zur Prävention geeignet. Sie eignet sich genauso für langjährige Paare, die mehr Lebendigkeit in ihre Beziehung bringen wollen, wie für Paare, die erst frisch zusammen sind und gerne mehr übereinander erfahren möchten. Durch die Zwiegespräche kann die Nähe zum Partner / zur Partnerin wieder neu entdeckt werden.
Ich wünsche Ihnen viele erkenntnisreiche Momente bei den Zwiegeprächen - dass Sie sich gehört fühlen und ebenso die Freude des Zuhörens neu oder wieder entdecken! 

Trennungsgedanken / Trennungsambivalenz

Vorneweg: Es geht in diesem Artikel nicht darum, eine konkret anstehende Trennung, die sich aus einer längeren Entwicklung oder einschneidenden Ereignissen herauskristallisiert hat, in Frage zu stellen. Doch vielleicht kennen Sie das: Nach einigen oder vielen Jahren des Zusammenlebens stellen sich solche oder ähnliche Fragen: "Soll das jetzt immer so weitergehen? Muss ich wirklich auf so vieles verzichten, was ich mir eigentlich in einer Beziehung wünsche? Wird sich mein/e Partner/in jemals ändern?...."   
Trennungsgedanken, die in diesem Zusammenhang auftauchen, erscheinen manchen vielleicht wie ein Verrat am Partner / an der Partnerin und an der Beziehung. Doch es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen ständigen Fluchtgedanken bzw. häufigem Drohen mit einer Trennung und zwischen der Möglichkeit, Trennungsgedanken für eine innere Zwischenbilanz zu nutzen. 
Denn Trennungsgedanken sind nicht automatisch mit einer konkreten Trennungsabsicht gleichzusetzen, und sie bedeuten auch nicht, dass Sie sich sofort für oder gegen die Beziehung entscheiden müssen. Vielleicht ermöglichen sie Ihnen sogar einige interessante Entdeckungen. 
Dafür können Sie folgende Fragen in Ruhe und für sich alleine beantworten, am besten schriftlich.

  • Wofür / für welche konkreten Probleme könnte Trennung eine Lösung sein? Was erscheint mir in meiner Partnerschaft so schwierig oder fast unerträglich, dass ich öfters an Trennung denke?
  • Wofür steht "Trennung"?  Was wären die positiven Seiten / Verbesserungen, die ich mir von einer Trennung erhoffe?  (z.B. Veränderung, mehr Freiheit ...)
  • Welche Vorstellungen habe ich von meinem Leben nach der Trennung? (So konkret wie möglich ausmalen: Wohnen, Umfeld, Kontakte, Unterstützung, Kinder, neue Beziehung...)
  • Was würde ich durch eine Trennung vermutlich verlieren (emotional, materiell etc..)? Und wovor habe ich ggfs. Angst, wenn ich an eine Trennung denke? 
  • Welche Seiten / Fähigkeiten von mir müsste / könnte ich weiterentwickeln, um auch ohne meine/n Partner / Partnerin gut oder sogar besser als jetzt leben zu können?
  • Welche Wünsche, Sehnsüchte, Interessen ... liegen bei mir derzeit brach und möchten so gerne wieder wachgeküsst werden? 

Beantworten Sie die Fragen - am besten schriftlich - so spontan wie möglich, ohne lange darüber nachzugrübeln. Sie müssen die Antworten niemandem zeigen, auch nicht Ihrem Partner / Ihrer Partnerin. Falls Sie sich für diesen inneren Prozess Unterstützung wünschen, biete ich Ihnen gerne  eine oder mehrere Einzelsitzungen an. 
Erinnern Sie sich bei der Auseinandersetzung mit den o.g. Fragen immer wieder daran, dass es im Moment nicht darum geht, sofort eine Entscheidung treffen, für die Sie womöglich noch gar nicht bereit sind. Insbesondere sollten Sie in einer aktuellen Krise keine Entscheidungen mit langfristigen Folgen treffen.
Genauso wichtig ist es, sich keine Selbstvorwürfe zu machen, weil Sie "immer noch" mit ihm oder ihr zusammen sind - oder dafür, dass Sie überhaupt an Trennung zu denken wagen.
Kehren Sie immer wieder mit Ihrer Aufmerksamkeit zu Ihren Körperempfindungen, zu Ihrem Atem und damit ins Hier und Jetzt zurück. Richten Sie den Fokus auf sich, auf Ihre Wünsche, Sehnsüchte, Interessen und zu entwickelnden Fähigkeiten. Was könnten Sie bereits jetzt tun, um diesen näher zu kommen?

Ist es sinnvoll, mit Ihrem Partner / Ihrer Partnerin über Ihre Auseinandersetzung mit den Trennungsgedanken zu sprechen? Auf jeden Fall rate ich Ihnen, das Thema nicht leichtfertig in den Raum zu werfen und es vor allem auch nicht als Druckmittel gegen den Partner / die Partnerin zu verwenden. Wählen Sie einen geeigneten Moment aus - nicht inmitten eines Streits -, und achten Sie darauf, dass Sie von sich sprechen, von Ihren inneren Entdeckungen, Sehnsüchten, Gefühlen und Ihrer Lebensvision. Es geht nicht darum, ihm/ihr die Schuld dafür zu geben, dass Sie manchmal oder öfters an Trennung denken. Sie haben beide immer wieder mit den besten Absichten gehandelt, so gut Sie es zum jeweiligen Zeitpunkt konnten.
Vielleicht hatte Ihr Partner / Ihre Partnerin auch bereits Trennungsgedanken, und vielleicht möchte er/sie sich ebenfalls mit den o.g. Fragen auseinandersetzen.
Sie können gemeinsam in der
Paarberatung / Paartherapie genauer hinschauen, was hinter den Trennungsgedanken wirklich steckt - ob eine Trennung ansteht oder ob Sie neue Wege miteinander entdecken und sich gemeinsam weiterentwickeln möchten.